Yosemite

Außergewöhnlich, aber voll!

Daniel Schröer

Das in der Dunkelheit einfach wirkende Dorf unseres Motels hielt leider auch bei Tageslicht, was es versprochen hatte. Keine Bakery, kein kleiner Lebensmittelladen, wir hätten uns lediglich in der Tankstelle mit ein paar Spezialitäten eindecken können. Da wir aber glücklicherweise noch etwas Milch und Müsli dabei hatten, machten wir uns lieber rasch aus dem Staub. Das Panorama links und rechts, die Bergwelt längs der I395, wusste zu beeindrucken und sorgte für eine kurzweilige Fahrt bis Mammoth Lakes, wo wir das großartige Grocery Outlet leer kauften. Hierbei handelt es sich um eine in Kalifornien immer mal wieder zu findende Kette eines Einzelhändlers, der Lebensmittel und andere Waren des täglichen Bedarfs erheblich günstiger als die sonstigen Warenhäuser verkauft. Angesichts der Preise in den USA eine herausragende Alternative und ein echter Tipp für euch!   

Das eigentliche Tagesziel hieß jedoch Yosemite Nationalpark, hinlänglich beschrieben als eines der Höhepunkte bei einer Reise durch den Westen der USA. Wenn es das Wetter zulässt, ist die Einfahrt auf Höhe von Mammoth Lakes über den Tioga Pass sicherlich die spektakulärste Wahl. Hier befindet man sich bereits inmitten der Natur und bekommt schon unmittelbar nach Passieren des obligatorischen Kontroll- und Kassenhäuschens einen Eindruck von der Naturvielfalt des Parks. Ein großer Vorteil im Vergleich zur Hauptzufahrt im Tal, der zudem wesentlich stärker frequentiert und somit kaum mehr idyllisch ist. 


Die Bilder rundherum und unten in der Galerie verdeutlichen euch, wie viele Naturschätze es zu erkunden gibt und wie sehr sich die Landschaft zu verschiedenen Jahreszeiten verändert. Ich hatte das Glück, je einmal bei Schnee und im Sommer zugegen zu sein, so kann ich euch einen Eindruck von beiden Wetterlagen geben. Kurz und knapp vorweggenommen, konnte der Sommer einer spätwinterlichen Mystik nicht das Wasser reichen. Die Schneeschmelze ließ die Wasserfälle bersten, spektakuläre Eiswelten spiegelten sich im See und an den Berghängen, dazu tapste auch noch ein sehr junger Bär vor unserer Nase herum. Ok, letzteres ist pures Glück und kann zu jeder Jahreszeit geschehen, aber da sich im Sommer keiner zeigen wollte, machte auch dieser Moment das Erlebnis Winterwonderland vollkommen. 

Wer jedoch klettern möchte oder Spaß daran findet, Kletterer bei ihrem spektakulären Sport zu beobachten, der ist im Sommer hervorragend aufgehoben. Ob am weltberühmten Half Dome, dem Glacier Point oder vielen anderen mir nicht namentlich bekannten Erhebungen, überall hängen, seilen oder schnaufen die Sportler und lassen einen selbst ganz unsportlich wirken. Darüber hinaus lässt es sich gerade oberhalb des Yosemite Valley am Wegesrand, dem großen See oder einigen Haltestopps sehr schön picknicken, ein Buch lesen und darauf hoffen, dass sich einige beheimatete Tiere blicken lassen. Geht auch schlechter.


Die Nachteile, übrigens jahreszeitenunabhängig, wurden im angesprochenen Yosemite Valley augenscheinlich. Am zentralen Punkt mit Übernachtungsmöglichkeiten, Visitors Center und Supermarkt war es derart voll, dass die letzten drei Kilometer Fahrt zum Ausgang des Parks jeweils mehr als 1,5 Stunden in Anspruch genommen haben. Wer also nach dem Besuch des Yosemite Nationalparks noch zu einer Unterkunft muss, sollte sich nicht zu spät auf den Weg machen oder keine Probleme mit nächtlicher Fahrerei haben. 


Wir wollten dennoch unseren obligatorischen Stopp am Visitors Center einlegen, um uns mit Devotionalien einzudecken und, wichtiger noch, den Nationalparkstempel für unsere Sammelbücher einzusammeln. Das ist nämlich eines der für mich schönsten Dinge in den USA: Die Nationalparks werden auch durch das Sammeln von Pins, Marken, Stempeln und etlichen anderen Andenken beworben, die man zumeist ausschließlich in den jeweiligen Parkshops erstehen kann (die Stempel sind natürlich gratis, da zahlt man nur das Sammelbuch). So habe ich schon seit Jahren zum Ziel, irgendwann alle Parks besucht zu haben. Wird, wenn ich nicht doch noch ins Land ziehen darf, eine Lebensaufgabe.

Zum Glück erspähten wir rasch eine Parklücke und konnten so nicht nur zum Visitors Center, sondern auch noch einen Blick auf den Merced River und die Yosemite Falls werfen, uns die Beine vertreten und mit ein paar völlig überteuerten Bananen eindecken. Beseelt von den ergatterten Stempeln spielte der Preis allerdings nur eine untergeordnete Rolle und wir machten uns nach einem wahrhaft schönen Tag wieder auf den Weg auf die Straße. 


Zweieinhalb Stunden Fahrt lagen noch vor uns, Fresno sollte das Zwischenziel dieses Tages werden, um in der Folge dem Sequoia Nationalpark einen Besuch abzustatten. Auf der CA-41 Richtung Süden verlief diese Fahrt still und unspektakulär, da wir die Parkeindrücke auf uns wirken ließen und  sich durch den frühen Start zudem eine gewisse Müdigkeit ausbreitete. Das Autoradio plätscherte Musik in den Raum und der Tempomat ließ den Wagen wie von Geisterhand vorwärts gleiten.


Am Tagesziel erwartete uns ein Motel6, ganz so, wie man Motels aus den vielen amerikanischen Filmen kennt und die für einen Roadtrip geradezu ideal sind. Das Bad ist nahezu immer sauber, die Betten riesig, der TV funktioniert und die Preise sind akzeptabel. Wir bleiben zwar nicht immer bei dieser Kette hängen, um alle möglichen Anbieter zu testen, aber für die unkomplizierte Suche zählen sie zu den zuverlässigsten. So schloss der Abend mit der Erkenntnis, dass der Yosemite zwar eine beeindruckende Natur bietet, diese durch die vielen Besucher (uns eingeschlossen) aber deutlich geschmälert wird. Dennoch war es ein schönes Abenteuer.


Keep on rockin‘

Ree

(c) Daniel Schröer

Mitglied im Deutschen

Fachjournalisten Verband